Dienstag, Januar 15, 2008

Ende gut, alles gut

Nachdem ich Sebastian in Orlando abgeliefert hatte bin ich nach Norman zurückgefahren. Das sagt und schreibt sich schnell, dauert aber etwa anderthalb Tage, in denen ich unter anderem durchs nächtliche Alabama gefahren bin. Auf der kleinen Landstraße, die sich durch menschenleere Wälder und über Hügel gewunden hat, hatte ich mehr als einmal das Gefühl, die ersten paar Minuten eines Horrorfilms zu erleben. Glücklicherweise hat mein Auto die ganze Fahrt mitgemacht, so dass ich nicht in einem von einem Axtmörder geführten Motel übernachten musste. Da ich alleine unterwegs war, wäre es sowieso kein guter Horrorfilm geworden.

Am zweiten Tag bin ich spätabends in Amandines Apartment getaumelt, wo ich mein restliches Gepäck zwischengelagert hatte. Wir haben zusammen festgestellt, dass es auch in Oklahoma schöne und grüne Flecken in der Natur gibt, was ich zwar irgendwie vorher auch schon wusste, aber mangels Auto nur einmal vorher erleben konnte. Wir sind wieder auf eine Reise gegangen, die über die Great Smokey Mountains in Tennessee, was unfairerweise im deutschen Mathematikunterricht seltener in Erscheinung tritt als ein gewisser anderer Bundesstaat, und Floridas Strände wieder nach Orlando geführt hat. Unterwegs haben wir sogar eine richtige, wenn auch eher kleine, mittelalterliche Festung gesehen, die vor vielen Jahrhunderten einmal eine spanische Siedlung vor feindlichen Schiffen schützte.

In Orlando war dann endgültig Abschied angesagt, wir voneinander, ich von allem Möglichen. Meine Flüge verliefen problemlos und angenehm, nicht zuletzt dank des älteren Ehepaars, das unterwegs zu einem von Südkoreanern gebauten Krankenhaus in Äthiopien war und mich auf dem Flug nach Detroit mit Popcorn und Schokolade versorgt hat. Mein erster Blick aus dem Fenster auf der hiesigen Seite des um Größenordnungen die teichübliche Fläche übersteigenden Teichs war dann gleich wieder richtig schön typisch deutsch: Eisenbahnverkehr, dynamischer Verkehr auf Autobahnen, chaotischer und daher irgendwie menschlicher wirkende Siedlungen. Meine Eltern haben mich vom Flughafen abgeholt, und nach einer recht kurzen Familienwiedervereinigung schreibe ich diesen Eintrag bereits im Zug nach Paderborn sitzend.

Und was habe ich in den letzten Monaten gelernt? Mit den anderen Austauschstudenten habe ich immer gewitzelt, die Antwort würde "Französisch und ein bißchen Spanisch" sein, und darin steckt sicherlich viel Wahrheit. Im Nachhinein bin ich irgendwie froh, in eine Gegend gegangen zu sein, bei der ich mir regelmässig die Frage "Warum ausgerechnet dort?" anhören musste. Denn in den USA sind vor allem die Extreme stärker ausgeprägt als bei uns. Die Konservativen sind konservativer, die Liberalen liberaler, die Dicken dicker, die Fitnessfanatiker fitnessfanatischer, die Umweltverschmutzer umweltverschmutzender und die Umweltbewussten - halt, nein, hier sind wir Deutschen nach wie vor Weltmeister. Wie dem auch sei, all diese Extreme leben, wenn auch nicht immer miteinander, so doch zumindest nebeneinander friedlich im selben Land. Und Oklahoma gehört zu den uneuropäischsten Gegenden der USA. So habe ich die Extreme besser kennengelernt, die mir am fremdesten waren und zum Großteil auch noch sind. Ich denke, dass ich in Oklahoma weit mehr als anderswo Verständnis dafür gewinnen konnte, wie dieses Land tickt. Aber Football werde ich mir in Deutschland trotzdem nicht ansehen.

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